Die vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts waren in England geprägt von der sozialen, wirtschaftlichen und geistlichen Not. Abertausende von obdachlosen jugendlichen bevölkerten die Großstadt London. Sie fristeten ihr Leben mit Diebstahl, um ihren Hunger zu stillen. Die einsetzende Industrialisierung beutete die Menschen aus. Gleichzeitig brachte sie umwälzende Veränderungen mit sich: Eisenbahn, Dampfschiffe, Gaslicht u.a.
Der entscheidende Mann - George Williams
Auf einem einsamen Gehöft in einem Moor-Heide-Gebiet in der Grafschaft Somerset in Südwestengland erblickte am 11.10.1821 George Williams das Licht der Welt. In äußerst ärmlichen Verhältnissen wächst er auf dem Bauernhof heran. Alle Versuche, aus ihm einen tüchtigen Landwirt zu machen, scheitern. Wer zum Bauern zu dumm ist, der konnte nur noch Kaufmann werden, so dachte man damals. In der Lehrzeit bei einem Tuchhändler in Bridgewater wird George bei einem Gottesdienst von der Predigt so angesprochen, dass er im Gebet sein Leben Gott anvertraut. Der Sechzehnjährige schreibt auf einen kleinen Zettel "Gott zuerst". Das wird sein Motto für sein ganzes Leben. 1841 kommt er nach London und findet in einem der ersten Modehäuser eine Anstellung. Es ist die Firma Hitchcock & Rogers in der St. Paul´s Churchyard Nr. 72. Vor dem Schlafengehen betet George wie gewohnt laut. Im großen Schlafsaal, in dem alle Angestellten übernachten, schlägt das wie eine Bombe ein. Er muss sich Spott und Hohn anhören. Aber einer sagt zu ihm, dass er morgen mitbeten wolle. Immer mehr Kollegen gewinnt George; durch ein Austernessen überwindet er die letzten Abseitsstehenden. Nun ist der Betrieb christlich.
Gründung des CVJM
In einem Zimmer des Modehauses sitzen 12 Freunde zusammen. Sie beten, diskutieren, planen. Sie fühlen sich innerlich gedrängt, gegen die große geistliche Not in London etwas zu unternehmen. Schließlich gründen sie am Donnerstag, den 6. Juni 1844 unter der Leitung von George Williams den YMCA ( Young Men´s Christian Association, deutsch: CVJM = Christlicher Verein Junger Männer). Sie wollen junge Männer - zunächst aus der Textilbrache - für Jesus gewinnen. Dies kann nur am Sonntag getan werden , da man werktags 16 Stunden pro Tag arbeiten muss. Alle Kosten müssen von den Freunden selbst aufgebracht werden. Das Geld dafür spart man sich buchstäblich vom Munde ab. Man mietet Vereinslokale, hält Bibelstunden, bietet kostenlos Tees an, hält Lumpenschulen (lehrt obdachlosen Kindern anhand der Bibel Lesen und Schreiben). Williams setzt sich dafür ein, dass die Arbeitszeit verkürzt wird. Er will die unmenschliche Ausbeutung eindämmen. Er möchte die vielen ehrenamtlichen Aufgaben besser wahrnehmen können. In mehreren Schritten kann die Arbeitszeitverkürzung zunächst in der Textilbranche, dann für die gesamte Wirtschaft erreicht werden. Nun muss man "nur" noch täglich von 6 bis 19 Uhr arbeiten, samstags bis 14 Uhr. Die CVJM - Arbeit nimmt ständig zu. Schon 1848 muss man einen hauptamtlichen Mitarbeiter, einen CVJM - Sekretär, anstellen.
Eine Idee geht um die Welt
Als 1851 die Weltausstellung nach London kommt, nutzen die CVJMer die Chance zu einer großen missionarischen Aktion. 550 öffentliche Veranstaltungen werden angeboten, 362.000 Verteilblätter an den Mann gebracht. Bereits am 5.12.1851 werden in Bosten (USA) und Montreal (Kanada) Vereine gegründet. Innerhalb weniger Jahre hat sich der CVJm in Nordamerika und ganz Europa ausgebreitet. 1855 kann anlässlich der Weltausstellung in Paris eine Weltkonferenz der CVJM einberufen werden. Man zählt 338 Vereine mit 27.000 Mitgliedern. Am 22.08.1855 wird die Pariser Basis als Grundlage aller CVJM - Arbeit verabschiedet und damit der Weltbund der CVJM gegründet.
Als George Williams - inzwischen geadelt und Ehrenbürger von London - am 6.11.1905 stirbt, hat er als Vermächtnis den weltweiten CVJM hinterlassen. Heute hat der CVJM weltweit ca. 30 Millionen Mitglieder in etwa 120 Ländern. Mit seinem Programm erreicht der CVJM ein Mehrfaches der Mitgliederzahl. Seit der Öffnung Osteuropas 1989/90 hat auch dort die CVJM - Arbeit wieder begonnen. Der deutsche CVJM hat etwa 250.000 Mitglieder.
Entwicklungen in Deutschland
Vorreiter des CVJM gab es in den Jünglingsvereinen. Der erste CVJM wurde 1883 in Berlin gegründet, Vorsitzender wurde Forstmeister Eberhard von Rothkirch. Zunächst breitete sich der CVJM in Großstädten aus, von dort aus wurden dann Vereine in umliegenden Städten und Dörfern gegründet. Die Arbeit richtete sich an den jungen Männern und an Jungen ab 14 aus. Nach dem ersten Weltkrieg wurde die Sportarbeit unter dem Namen "Eichenkreuz" zusammengeschlossen. Jetzt begann man auch mit der JS-Arbeit. Die Großstadt - CVJM schließen sich zur "Arbeitsgemeinschaft der CVJM" (1919) zusammen. Die Arbeit erlebt einen großen Aufschwung, der durch den Nationalsozialismus 1934 ein jähes Ende findet. Unter dem Dach der Evang. Kirche kann die Arbeit an über 18jährigen sehr eingeschränkt noch weiter geführt werden. Es sind nur Bibelarbeit, Gebet und geistliche Lieder als Programm erlaubt. Durch den Zweiten Weltkrieg kommt die Arbeit fast zum Erliegen. 1945 begann man erneut mit dem Aufbau der Arbeit in der BRD. In der DDR war das erst 1989 wieder möglich. Dort hatte die Jugendarbeit unter der Evangelischen Kirche als Evangelisches Jungmännerwerk weitergemacht. In den sechziger Jahren begannen einzelne Vereine auch Mädchen und Frauen in die CVJM - Arbeit zu integrieren. 1985 war dieser Prozess so weit fortgeschritten, dass eine Namensänderung fällig war. Jetzt heißt der CVJM Christlicher Verein Junger Menschen. Die Veränderung macht auch die Zusatzerklärung zur "Pariser Basis" deutlich.
Das CVJM - Dreieck
Dieses Symbol wurde 1890 im CVJM - Ausbildungszentrum Springfield-College eingeführt. Der obere Balken symbolisiert den Geist, der links von der Seele und rechts vom Leib gestützt wird. Nach dem Ersten Weltkrieg fand das Zeichen Eingang in den Großstadt - CVJM, heute ist es überall das Symbol der CVJM - Arbeit.
Quelle: Jungscharlexikon von A - Z, Handbuch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, hänssler Verlag, ISBN 3-7751-2417-9